Alles Gute, Herr Professor Thaler!

Wolfgang Thaler © Clemens Fabry

„Es war mir immer wichtig, dass die Studierenden ihre Unbekümmertheit bewahren. Denn diese ist ein sehr wichtiges Gut, wenn es um die Weiterentwicklung des Filmemachens geht.“ (Wolfgang Thaler, ray Filmmagazin, Sonderheft 2017)

Wolfgang Thaler, Univ.-Prof. für Cinematography, trat im Sommersemester 2023 nach 15 Jahren Lehrtätigkeit an der Filmakademie Wien seinen wohlverdienten Ruhestand an. Bevor Wolfgang Thaler in den 1980er Jahren an der Filmakademie Wien sein Kamerastudium absolvierte, studierte er Agrarwissenschaften und war nebenher Bienenzüchter. Seit 1990 hat er als Kameramann mehr als 50 Fernseh- und Kinofilme gedreht. Seit 1999 ist er auch als Drehbuchautor und Regisseur tätig.

Wolfgang Thaler gewann zahlreiche Preise, u.a. erhielt er 2006 für Workingman’s Death den Diagonale Preis für „Beste Kameraarbeit“ und 2012 wurde er für seine Kameraarbeit zu Whore’s Glory mit dem Österreichischen Filmpreis ausgezeichnet. Der jordanische Spielfilm Theeb, bei dem Thaler für Kamera verantwortlich zeichnet, wurde 2016 in der Kategorie „Foreign Language Film“ für die Oscars nominiert.

Wir bedanken uns bei Wolfgang Thaler für seine künstlerische Begleitung, seine Vermittlung von Filmkunst und seinen inspirierenden Blick auf filmische Welten sowie seine Verbundenheit zu unserem Institut. Wir wünschen alles Gute für die Zukunft und die kommenden Projekte!

Ehemalige Studierende über Wolfgang Thaler

Wo Dichter viele Worte brauchen, um Dinge zu erzählen, genügt bei Wolfgang Thaler ein Bild. Er ist ein Poet der Bilder. Es begegnen einem wenige Menschen im Leben, die so in ihrer Berufung aufgehen wie er.
Wolfgang Thaler und Germaine Haller © Germaine Haller

Wolfgang hat eine Leidenschaft und Begeisterung für‘s Geschichten erzählen, die uns in jeder Unterrichtseinheit angesteckt und inspiriert hat hinauszugehen und die Welt durch unsere Kameras selbst neu zu entdecken. Er war stets für all unsere Fragen und Ideen offen und hat uns ermutigt Neues auszuprobieren und unseren Horizont zu erweitern.

Er hat mir vieles beigebracht in den Jahren, die ich bei ihm studieren durfte, aber nichts wird mir wohl so stark in Erinnerung bleiben wie die Stunde, in der er uns beigebracht hat, wie man die Kamera auf  der Schulter ausbalanciert. Die Kamera müsse Teil von einem werden, und jede Bewegung mit ihr ist wie ein Schritt in der Choreographie eines Tanzes.
Er hat die Kamera auf die Schulter genommen und ist uns abwechselnd damit hinterher. Wir haben uns alle bemüht, es ihm gleich zu tun, aber niemandem gelang es auch nur ansatzweise so elegant wie Wolfgang.

Seit damals denke ich jedes Mal, wenn ich eine Kamera auf die Schulter nehme, an diesen Unterricht, und hoffe immer noch insgeheim, dass ich eines Tages so gut darin sein werde wie er, unser Meister der Schulterkamera. (Germaine Haller, Kamera-Absolventin bei Wolfgang Thaler)

Bei den Dreharbeiten zu Theeb © Alexander Dirninger
Wenn Wolfgang uns losgeschickt hat, um Bilder zu drehen und wir nachgefragt haben, wie er sich diese Bilder genau vorstellt, hat er geantwortet: „Ihr wisst ja, um was es geht, ihr seht dann ja selber am besten, wie ihr das macht.“

Die Vorbesprechungen mit Wolfgang zu meinen Filmen an der Filmakademie Wien sind üblicherweise so abgelaufen: Er hat Espresso gemacht, die Tasse musste heiß sein. Dann haben wir uns eine Zigarette angezündet und über das Projekt geredet, als erstes ausführlich über die Geschichte. Wenn Wolfgang etwas am Drehbuch nicht verstanden oder Schwachstellen gefunden hat, wurde darüber diskutiert, bis die Sache geklärt war oder ich ihm versprochen habe, nochmals mit der Autorin oder dem Autor darüber zu reden.
Danach wurde die nächste Zigarette angezündet und wir haben über die Umsetzung gesprochen: Welche Bilder sind die richtigen, um die Geschichte zu erzählen? Auch dabei ging es in erster Linie immer um den Inhalt, nur so weit wie nötig, um die Technik.

Mit dieser Einstellung zum Filmemachen konnte ich mich sehr identifizieren und ich versuche nach wie vor sie mir beizubehalten: die visuelle Gestaltung eines Filmes nicht als Selbstzweck zu sehen. Sie muss sich aus der Geschichte ergeben, die man erzählen will.

2012 hat Wolfgang mich und drei Studienkolleg*innen mit nach Jordanien genommen, um dort mit ihm einen Spielfilm zu drehen. Wir waren als seine Licht- bzw. Kameracrew dabei, gleichzeitig haben wir 2nd Unit und B-Kamera gemacht. Wenn er uns losgeschickt hat, um Bilder zu drehen und wir nachgefragt haben, wie er sich diese Bilder genau vorstellt, hat er geantwortet: „Ihr wisst ja, um was es geht, ihr seht dann ja selber am besten, wie ihr das macht.“
Dieses Vertrauen hat mir damals ein großes Selbstvertrauen in mich und meine Arbeit gegeben, gleichzeitig hat es mich sehr beeindruckt. Keine Spur von Sorge, dass etwas, das seine Studierenden tun, negativ auf ihn zurückfallen könnte.

Mit Wolfgang hat man sich auf Augenhöhe bewegt. Trotz der vielen, oft großartigen Filme, die er gedreht hat, hat er sich nie als der große Meister gegeben, der einem erklärt „wie es geht“. Er war interessiert an dem, was seine Studierenden machen, er hat ihnen viel beigebracht und war andererseits bereit, auch etwas von ihnen zu lernen.

Danke Wolfgang, ich bin froh, dein Student gewesen zu sein. (Alexander Dirninger, Kamera-Absolvent bei Wolfgang Thaler)

Alexander Dirninger und Wolfgang Thaler © Alexander Dirninger
Kameraleute sind das erste Publikum
Interview mit Wolfgang Thaler im RAY Sonderheft „65 Jahre Filmakademie Wien“, Juni 2017