FC Gloria – ein Frauennetzwerk mit Durchsetzungskraft in der Filmbranche

Filmstill: "Maikäfer flieg!" © Oliver Oppitz

Seit der Gründung 2010 setzt sich FC Gloria für die Wahrnehmung der Interessen von Frauen in der österreichischen Filmbranche ein, um so zu einer geschlechtergerechten Zukunft im Berufsfeld Film beizutragen.

Seit vielen Jahren  liegt der Frauenanteil unter den Studierenden an der Filmakademie bei etwa 40%. Aber nach der Ausbildung schaffen weniger Frauen als Männer den Schritt ins professionelle, mittel bis gut budgetierte Filmschaffen. Die Unterrepräsentanz ist in allen Berufsverbänden eklatant. Berechnungen von FC Gloria zeigen auf, dass Frauen im Schnitt maximal 25% der vergebenen Mittel im Kinobereich erhalten. Bei Fernsehproduktionen ist der Frauenanteil hinter der Kamera sogar verschwindend gering.

Die Gründe dafür sind komplex und tief in unserer Gesellschaft, ihrer geschichtlichen Entwicklung und den gewachsenen Strukturen verankert, weshalb auch die Lösungsansätze vielfältig und längerfristig zu denken sind. Fehlende Role Models für junge Frauen schon an der Universität, Strukturen im Förder- und Produktionsprozess, die unhinterfragt bleiben, bis hin zu immer noch wirkmächtigen Frauen und Männerbildern, die nicht zuletzt durch Fernsehen und Film – insbesondere seit den 90er Jahren- immer wieder bestätigt werden.

Fehlende Role Models

Nach einem Aufbruch in den 70er Jahren, der mit New Hollywood auch in die teuren amerikanischen Mainstreamproduktionen Eingang gefunden hatte, kam es gleichzeitig mit dem Aufschwung der neoliberalen Ideologie zu einem Backlash im Filmschaffen, der unter anderem Frauenrollen und ihre Funktion in dramaturgischen Strukturen betraf. Man könnte sagen, dass Role Models nicht nur in Ausbildung und Branche fehlen sondern auch in den gängigen Narrativen.

FC Gloria setzt viele Maßnahmen, um dieses Ungleichgewicht  aufzuzeigen und zu verändern. Es gibt ein Mentorinnen Programm, regelmäßig stattfindende Kinosalons, um die Aufmerksamkeit auf das Werk weiblicher Filmschaffender zu richten, ein Fortbildungsprogramm für Produzentinnen,  Diskussionsveranstaltungen zu Genderthemen, jährlich erscheinen in Kooperation mit der Diagonale die FC Gloria Bierdeckel und präsentieren die erhobenen Fakten zum Status Quo des Geschlechterverhältnisses in der österreichischen und internationalen Filmwelt.

In „Maikäfer flieg!“ von Mirjam Unger waren die Head-Departements Regie, Drehbuch, Kamera, Schnitt und Produktion ausschließlich von Frauen besetzt.

In „Maikäfer flieg!“ von Mirjam Unger waren die Head-Departements Regie, Drehbuch, Kamera, Schnitt und Produktion ausschließlich von Frauen besetzt. (© Oliver Oppitz)

Diese und weitere Aktionen von FC Gloria haben in den vergangenen sechs Jahren viel Diskussion und Bewusstseinsprozesse ausgelöst. Der größte politische Erfolg bisher konnte Ende letzten Jahres verbucht werden. Im November wurde ein Entschließungsantrag von SPÖ, ÖVP und den Grünen im Parlament angenommen, der Bundesminister Thomas Drozda auffordert, ein Maßnahmenpaket zu installieren, das längerfristig zu einem verbesserten Geschlechterverhältnis innerhalb der Filmbranche führen soll. Er beinhaltet viele der von FC Gloria in den vergangenen Jahren aufgestellten Forderungen, wie eine transparente Evaluierung der Fördermittel im Hinblick auf das Geschlechterverhältnis, ein Anreizmodell, das die Beteiligung von Frauen bei Einreichungen erhöhen soll, sowie die Aufnahme von Gesprächen mit dem ORF über die dortige Situation betreffend Genderbudgeting und Unterrepräsentanz von Frauen.

Diversität der Gesellschaft

Der Aufsichtsrat des Österreichischen Filminstituts, der größten Filmfördereinrichtung des Landes, hat in der Folge einen Maßnahmenkatalog zur verstärkten Beschäftigung weiblicher Filmschaffender beschlossen, der seit  1.1.2017 in Kraft ist.
Alle diese Maßnahmen sind ein erster Schritt, um zu erreichen, dass in Zukunft Männer und Frauen in etwa gleich stark an der Arbeit hinter der Kamera beteiligt sein werden.

Film ist ein machtvolles, meinungs- und kulturbildendes Medium und die Diversität der Gesellschaft sollte auch hinter der Kamera abgebildet sein. Es spielt eine große Rolle, ob Medieninhalte von Männern oder Frauen, Menschen mit unterschiedlichen, kulturellen Hintergründen oder Erfahrungswelten kreiert werden. Welcher gesellschaftlichen Gruppe wir angehören, ist stark ausschlaggebend dafür, welche Erfahrungen wir machen, welche Sichtweisen, Gedanken und Ideen wir im Laufe des Lebens entwickeln. Das Filme-machen sollte daher im Sinne des Austauschs zwischen Kunst und Gesellschaft für viele unterschiedliche Menschen zugänglich sein.

FC Gloria befasst sich bisher zwar vornehmlich mit dem Thema der Geschlechterverhältnisse, jedoch ist die Schieflage zwischen den Geschlechtern im Filmbereich nur ein Aspekt eines größeren Problems, nämlich mangelnder Diversität. Wünschenswert wäre ein breiter Diskurs über die Beschaffenheit der Gesellschaft und der Filmbranche als Ausschnitt davon, um diskriminierende Strukturen sichtbar zu machen.

Text: Sandra Bohle / Kathrin Resetarits

Sandra Bohle und Kathrin Resetarits sind als Senior Lecturer im Fachbereich Buch und Dramaturgie am Institut für Film und Fernsehen – Filmakademie Wien tätig. Sandra Bohle ist zudem Gründungsmitglied von FC Gloria.

Der Text ist im mdw-Magazin März 2017 erschienen.